Chronik – Wanderungen für ältere Mitbürger

Im Mitteilungsblatt der Gemeinde Nellingen vom 8. Mai 1971 wurde unter den Vereinsmitteilungen die erste dieser bis heute außerordentlich beliebten Wanderungen angekündigt:

1971-vereinsmitteilungen

 

Der Sinn dieser Wanderungen sollte sein, den immer rüstigeren „älteren Mitbürgern“ aus unserer Gemeinde eine Möglichkeit zu bieten, um – bei angepasster aktiver Bestätigung – die Schönheiten und Eigenarten unserer näheren Umgebung neu zu erleben zu können und ihnen die Landschaft unserer Heimat, wenn nötig, näherzubringen. Zum anderen sollten Gleichgesinnte zusammenfinden, um dabei auch die Geselligkeit zu pflegen.

Für die sieben Teilnehmer an dieser ersten Wanderung war es eine willkommene Abwechslung und ein erlebnisreicher, gelungener Nachmittag, der eine Fortsetzung am 8. September und am 6. Oktober erfuhr. An dieser dritten Wanderung, die auf die Uracher Alb führte und mit einer denkwürdigen Einkehr – das Kraut kam in Schüsseln und das Brot in frisch gebackenen ganzen Laiben auf den Tisch im „Hirsch“ in Sirchingen endete, nahmen schon 40 Mitbürger teil. Seither ist das Vesper von den Wanderungen nicht mehr zu trennen.

1971-wanderung

 

 

 

 

 

 

 

im Oktober 1971 – Ausflug

 

Ab dem Jahr 1972 erschienen die Ankündigungen der Wanderungen dann offiziell unter den „Amtlichen Bekanntmachungen“ im Mitteilungsblatt der Gemeinde Nellingen mit dem Titel: Wanderungen für ältere Mitbürger. (Im späteren Sprachgebrauch haben sich dann Altenwanderungen und ab Anfang der 80er Jahre Seniorenwanderungen als Bezeichnung eingebürgert).

Insgesamt wurden im Jahr 1972 fünf WAnderungen durchgeführt, davon vier in die nähere Umgebung und eine auf die Schwäbische Alb. Man kann sich denken, wo eingekehrt wurde – im „Hirsch“ in Sirchingen.

Im Wanderjahr 1973 trafen sich die wanderfreudigen Mitbürger aus Nellingen zu insgesamt sieben Wanderungen, die nun auch im Wanderplan des Vereins angekündigt wurden. Die Beliebtheit nahm weiter zu – im Durchschnitt nahmen bereits fünfzig ältere Mitbürger teil, und für die Abschlusswanderung musste man bereits an die Bereitstellung von zwei Bussen denken – die gute Stimmung wurde bei der Albwanderung durch die musikalische Unterhaltung des Ehepaars Karl und Luise Kaiser noch erheblich gefördert.

Anerkennung für diese Initiative erfuhr die Ortsgruppe dafür auch vom damaligen Bürgermeister Binder, der es sich nicht nehmen ließ die Teilnehmer der September-Wanderung von Rüdern nach Obertürkheim persönlich zu verabschieden.

Im Jahr 1974 gab es dann zum Abschluss einer Wanderung über die Neckarhalde nach Mettingen eine Weinprobe, zu deren Gelingen der humorvolle Vortrag des Esslinger Wengerters Julius Clauß beitrug. Wegen des regen Zuspruchs wurden nun zwei Albwanderungen pro Jahr ins Programm genommen und Sonderbusse eingesetzt, und die Teilnehmerzahl wuchs auf durchschnittlich 60 -70 Mitbürger an. Besonders erfreulich dabei war, dass manche Großeltern auch ihre Enkelkinder mitbrachten und ihnen so schon in jungen Jahren die nähere Heimat zeigten.

Wie es sich für eine solchermaßen etablierte „Institution“ gehört, gab es auch einen Sprecher der Altenwanderer. Langjähriger Sprecher im ersten Jahrzehnt waren Paul Hermann und Eugen Metzger, später Wilhelm Bauer, Werner Kögler und Erich Reichle.

Meist war die Jahresabschlusswanderung im November von seiten der Teilnehmer dafür ausersehen, durch ihren Sprecher auf das abgelaufene Jahr zurückzublicken und sich beim Schwäbischen Albverein und seinen Wanderführern zu bedanken. Nicht selten wurde dabei das Empfinden der Altenwanderer von Hedwig Maier wie hier in Gedichtform zum Ausdruck gebracht:

In diesem Jahr ist nun vorbei
für uns die schöne Wanderei.
Einmal jeden monat nur
machten wir eine kleine Tour;
es ging per Bus und dann zu Fuß,
bis man erreichte dann das Ziel –
gelacht, geredet wurde viel.

Im Wirtshaus dann in froher Runde
erlebte man manch schöne Stunde,
so manches Lied ist da erklungen,
alles hat da mitgesungen.
Wenn Paul rief:
„Das Wandern ist des Müllers Lust“,
sang alles mit aus voller Brust.
So manchen Witz gab man zum Besten,
wir wollten niemand mit verletzen.
Humor gehört nun mal zum Leben,
wohl dem, dem er gegeben!

Dem Wanderführer und all den andern
wollen wir von Herzen danken,
dass sie opfern ihre Zeit
für die Nellinger alten Leut,
und hoffen, dass wir im nächsten Jahr
wieder als vergnügte Schar
wandern können durch Wald und Flur,
uns erfreuen an der schönen Nautr.
Gesundheit, Frohsinn imemrdar,
das wünsche ich Euch für das nächste Jahr.

 

Am 2. Februar des Jahres 1980, also im 10. Jahr der „Wanderungen für ältere Mitbürger“, lud der Schwäbische Albverein die Teilnehmer an den Wanderungen zu einem gemütlichen Nachmittag in die alte Turnhalle in der Otto-Schuster-Straße ein. Anhand von Lichtbildern und einem Film aus zurückliegenden Wanderungen wurden Erinnerungen aufgefrischt und die Schönheiten unserer Heimat nochmals aufgezeigt. Es war ein stimmungsvoller, heiterer Nachmittag, an den sich die Teilnehmer sicher noch gerne zurückerinnern. Den eigentlichen Höhepunkt bildete jedoch die Übergabe einer Geldspende von 420,- DM an den Krankenpflegeverein. Beim Abschluss der Wanderungen hatte seit einiger Zeit ein Kässchen die Runde gemacht. Dessen Inhalt war inzwischen auf diesen ansehnlichen Betrag angestiegen. Mit dieser anerkennenswerten Geste haben die älteren Wanderfreunde aus unserer Gemeinde die Freude, die sie bei den Wanderungen erfuhren, in eine Hilfe für bedürftige Mitbürger umgesetzt und so auf diesem Wege wiederrum Freude bereitet.

Dieser gute Brauch der Spendenübergabe von den Altenwanderern wurde auch in den folgenden Jahren mit noch nahmhafteren Beträgen fortgesetzt.

spendenuebergabe

 

 

 

 

 

 

 

Paul Hermann, 2.v.r., überreicht Herrn Pfarrer Radunz, dem Vorsitzenden des Krankenpflegevereins (links) die Spende. Rechts: Hedwig Maier. Mitte Hintergrund: Eugen Metzger.

 

In den folgenden 20 Jahren erfreuten sich die vom Albverein geführten Seniorenwanderungen weiterhin steigender Beliebtheit. So waren in dieser Zeit stets zwei Omnibusse notwendig um die wanderulstigen älteren Mitbürger in die Wanderregionen unserer engeren Heimat – auf die Alb und den Schurwald, in den Schönbuch und den Schwäbischen Wald, ins Remstal und im Unterland – an einem Nachmittag im Monat zu entführen. Da die Geselligkeit nicht zu kurz kommen sollte, war es für die Wanderführer nicht immer leicht, für so viele Leute die entsprechenden Räumlichkeiten in bürgerlichen Gasthäusern aufzutreiben. Doch bisher hat es noch immer geklappt.

Bei der „Nachtwanderung“ spielte das gemeinsame Singen eine große Rolle, begleitet in den letzten Jahren von den beiden Musikanten Hilde Volz (Gitarre) und Karl Kaiser (Ziehorgel), die für gute Stimmung stets sorgten. Letzterer hat sogar, mit tatkräftiger Unterstützung von Walter Blank, ein Liederbuch für die Senioren zusammengestellt, das bei jeder Einkehr ausgegeben wird und hoffentlich noch lange zu guter Stimmung beitragen kann.

1993-seniorenkapelle

 

 

 

 

 

 

 

1993 – Die Seniorenkapelle im Einsatz in einer Besenwirtschaft in Talheim, von links: Hilde Volz, Christian Schanz, Karl Kaiser